- Osteosarkom beim Hund: Leitlinien zur Diagnose, Behandlung und Prognose des appendikulären Skeletts
- 1. Einleitung
- 2. Epidemiologie und Ätiologie
- 3. Klinische Präsentation
- 4. Diagnoseverfahren
- 5. Staging & Prognoseklassifikation
- 6. Therapieoptionen im Detail
- 7. Palliativmedizin & Schmerzmanagement
- 8. Prognosefaktoren
- 9. Überweisung: Wann und wohin?
- FAQ zu Osteosarkom beim Hund
- 10. Fazit & Ausblick
- 11. Zusammenfassung: Osteosarkom beim Hund – Symptome, Diagnose, Behandlung und Prognose
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Osteosarkom beim Hund: Leitlinien zur Diagnose, Behandlung und Prognose des appendikulären Skeletts
Eine umfassende Übersicht für Tierärztinnen und Tierärzte, Tiermedizin-Studierende sowie informierte Hundehalterinnen und Hundehalter
1. Einleitung
Das Osteosarkom beim Hund ist der häufigste primäre Knochentumor dieser Spezies und stellt Tierärztinnen und Tierärzte weltweit vor erhebliche klinische Herausforderungen. Etwa 85 % aller diagnostizierten Knochentumoren bei Hunden sind Osteosarkome. Trotz jahrzehntelanger Forschung bleiben wesentliche Fragen zur Entstehung, zur optimalen Behandlung und zu den langfristigen Überlebensprognosen unbeantwortet.
Der vorliegende Leitfaden basiert auf dem aktuellen Stand der Literatur und wurde von einer internationalen Expertengruppe entwickelt. Ziel ist es, veterinärmedizinisches Fachpersonal bei der evidenzbasierten Entscheidungsfindung zu unterstützen – insbesondere beim Management von Osteosarkomen des appendikulären Skeletts beim Hund.

(C) Aus unten beigefügter Studie.
2. Epidemiologie und Ätiologie
Rassenprädisposition
Einige Hunderassen zeigen eine besonders hohe Anfälligkeit für das Osteosarkom. So ist beispielsweise beim Scottish Deerhound ein mehr als 100-fach erhöhtes Risiko bekannt, während auch Leonberger, Deutsche Doggen, Rottweiler und Greyhounds stark gefährdet sind. Darüber hinaus zählen auch Irischer Wolfshund, Bernhardiner, Labrador Retriever, Golden Retriever, Boxer, Dobermann und Deutsche Schäferhunde zu den häufig betroffenen Rassen.
Risikofaktoren
Größe und Gewicht spielen eine entscheidende Rolle: Große bis riesige Hunderassen sind überproportional oft betroffen. Wenn ein Hund ein überdurchschnittliches Gewicht für seine Rasse aufweist, erhöht sich das Risiko für ein Osteosarkom um das 1,65-Fache. Die Erkrankung tritt am häufigsten bei Tieren im Alter zwischen 7 und 9 Jahren auf, kann jedoch auch bereits bei jungen Hunden im Alter von 18 bis 24 Monaten diagnostiziert werden. Genetische Mutationen – insbesondere in Genen wie TP53, MYC, PTEN, RUNX2 und DLG2 – sind ebenfalls mit der Krankheitsentstehung assoziiert. Frühere Frakturen oder Infektionen des Knochens (Osteomyelitis) gelten als mögliche zusätzliche Risikofaktoren für die spätere Entwicklung eines Osteosarkoms.
3. Klinische Präsentation
Symptome
Die häufigsten klinischen Anzeichen sind eine zunächst intermittierende, später persistente Lahmheit sowie lokalisierte Schmerzen, die meist in der metaphysären Region der langen Röhrenknochen auftreten. Auffällige Schwellungen über dem betroffenen Knochen sind ebenfalls ein klassisches Symptom. In etwa 3 % der Fälle kann es zu einer pathologischen Fraktur kommen, das heißt zu einem Knochenbruch ohne äußeres Trauma. In späteren Stadien zeigen betroffene Hunde häufig auch systemische Symptome wie Appetitlosigkeit, Lethargie und Gewichtsverlust.
Ungewöhnliche Präsentationen
In selteneren Fällen kann ein Osteosarkom beim Hund durch paraneoplastische Syndrome auffallen, beispielsweise durch hypertrophe Osteopathie im Zusammenhang mit thorakalen Metastasen. Eine Metastasierung kann auch Lunge, weitere Knochen, Haut oder Lymphknoten betreffen.
4. Diagnoseverfahren
Bildgebende Verfahren
Die Röntgendiagnostik liefert in vielen Fällen bereits typische Hinweise auf ein Osteosarkom: Zu den klassischen Merkmalen zählen das sogenannte „Sunburst“-Muster, das Codman-Dreieck sowie osteolytische und osteoblastische Veränderungen. Meist zeigt sich auch eine begleitende Weichteilschwellung. Eine Gelenkinfiltration ist selten, außer im Bereich des Femurkopfs.
Die CT und MRT ermöglichen eine deutlich präzisere Einschätzung der Tumorausdehnung, die Beurteilung des Frakturrisikos sowie eine exakte Operations- oder Strahlentherapieplanung.
Zytologie (Feinnadelaspiration, FNA)
Die Feinnadelaspiration bietet eine schnelle, minimal-invasive Möglichkeit zur zytologischen Beurteilung. Ihre Sensitivität liegt bei 70–97 %, die Spezifität kann bis zu 100 % erreichen. Da für die Probenentnahme keine Vollnarkose erforderlich ist, eignet sich diese Methode besonders gut für instabile Patienten. Eine exakte Subtypisierung ist jedoch über die Zytologie allein nicht möglich.
Biopsie
Für eine sichere Diagnose empfiehlt sich eine Core-Biopsie, beispielsweise mit einer Jamshidi-Nadel. Diese ermöglicht eine detaillierte histologische Charakterisierung des Tumors. Dabei sollte möglichst das Zentrum des Tumors biopsiert werden, nicht der Randbereich. Zu den Risiken gehören pathologische Frakturen und die mögliche Verschleppung von Tumorzellen.
Labordiagnostik
Bestimmte Blutwerte, insbesondere eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase (ALP), korrelieren mit einer schlechteren Prognose. Immunologische Profile weisen oft auf eine systemische Entzündung hin, und ein hoher PTHR1-Ausdruck ist ebenfalls mit einem kürzeren Überleben assoziiert.
5. Staging & Prognoseklassifikation
Zur umfassenden Stadieneinteilung gehört die orthopädische Untersuchung mit gezielter Palpation, ergänzt durch eine bildgebende Darstellung der Lunge – idealerweise per CT oder zumindest Röntgen in drei Projektionen. Eine zytologische Untersuchung der regionalen Lymphknoten liefert zusätzliche Informationen. Bei Verdacht auf Metastasen ist der Einsatz nuklearmedizinischer Verfahren wie SPECT oder PET zu erwägen.
Das modifizierte Enneking-Staging-System unterscheidet drei Hauptstadien:
Stadium 1 bezeichnet niedriggradige Tumoren ohne Metastasen.
Stadium 2 umfasst hochgradige Tumoren, ebenfalls ohne Metastasen – dies ist das häufigste Krankheitsstadium bei Diagnose.
Stadium 3 liegt bei Nachweis von Metastasen vor, etwa in Lunge, Lymphknoten oder anderen Knochen.
Trotz fehlender bildgebender Befunde sind bei über 90 % der Patienten bereits mikrometastatische Erkrankungen vorhanden.
6. Therapieoptionen im Detail
6.1. Chirurgische Behandlung
Die Amputation der betroffenen Gliedmaße stellt weiterhin den Goldstandard dar. Sie sorgt in den meisten Fällen für eine sofortige Schmerzreduktion und wird auch bei großen Rassen gut toleriert. Das mediane Überleben ohne anschließende Chemotherapie liegt bei etwa 3–4 Monaten.
Als Alternative zur Amputation bietet sich die sogenannte Limb-sparing-Operation an, etwa bei Tumoren im distalen Radius. Diese Methode ist jedoch mit einer hohen Komplikationsrate verbunden, insbesondere mit Infektionen (bis zu 78 %), Implantatversagen und Lokalrezidiven. Die Überlebenszeit ist mit jener nach Amputation vergleichbar.
In ausgewählten Fällen kann eine Metastasektomie durchgeführt werden, also die chirurgische Entfernung von Lungenmetastasen. Bei Vorliegen von maximal zwei Läsionen und stabilem Allgemeinzustand lässt sich so das Überleben auf bis zu 255 Tage verlängern.
6.2. Strahlentherapie
Die stereotaktische Bestrahlung (SBRT) ist eine moderne Form der Hochpräzisionsstrahlentherapie. Hierbei werden hohe Dosen in wenigen Sitzungen appliziert, was eine gute Schmerzreduktion ermöglicht. Allerdings besteht ein Frakturrisiko von bis zu 41 %. Das mediane Überleben liegt bei 233–346 Tagen. Eine sorgfältige CT-Planung ist dabei unerlässlich.
Als palliative Maßnahme eignet sich die Hypofraktionierung, bei der vier Fraktionen von 6–8 Gy im wöchentlichen Abstand verabreicht werden. In Kombination mit Zoledronat kann möglicherweise das Frakturrisiko gesenkt werden. Diese Methode ist besonders bei inoperablen Patienten oder Ablehnung der Amputation sinnvoll.
6.3. Chemotherapie
Die adjuvante Chemotherapie, also der Einsatz nach der Operation, ist essenziell zur Kontrolle der mikrometastatischen Erkrankung. Carboplatin gilt als erste Wahl aufgrund seiner guten Verträglichkeit. Doxorubicin weist eine hohe Wirksamkeit auf, ist aber potenziell kardiotoxisch. Cisplatin erfordert eine intensive Flüssigkeitstherapie aufgrund seiner nephrotoxischen Eigenschaften.
Die Behandlung erfolgt typischerweise in 4–6 Zyklen im Abstand von 2–3 Wochen. Kombinationsprotokolle bieten bislang keinen signifikanten Überlebensvorteil. In Kombination mit Amputation kann die Überlebenszeit auf 8–14 Monate verlängert werden. Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt bei rund 40 %, die 2-Jahres-Rate bei etwa 20 %.
6.4. Immuntherapie
Als früher erfolgreich gilt der Einsatz von L-MTP-PE, einem liposomalen Peptid, das das Überleben verbessern kann. Neuere Ansätze umfassen Listerien- und HER2-Vakzinen, Checkpoint-Inhibitoren wie Gilvetmab, adoptive T-Zelltherapien mit IL-2, Anti-CSPG4-DNA-Vakzinen sowie onkolytische Virotherapien (z. B. mit VSV) und inhalatives IL-15. Diese Therapien gelten als vielversprechend, sind aber aktuell noch auf spezialisierte Zentren und Studien beschränkt.
7. Palliativmedizin & Schmerzmanagement
Eine effektive Schmerztherapie ist bei Osteosarkomen beim Hund von zentraler Bedeutung. Hierbei kommen COX-2-Inhibitoren wie Firocoxib oder Robenacoxib zum Einsatz, ergänzt durch Opioide wie Buprenorphin oder Fentanyl-Pflaster. Gabapentin und Amantadin unterstützen bei neuropathischen Schmerzen. Anti-NGF-Antikörper wie Bedinvetmab und Aminobisphosphonate (Zoledronat, Pamidronat) ergänzen die palliative Therapie.
8. Prognosefaktoren
Eine schlechte Prognose ist mit einem erhöhten ALP-Wert, einem Tumor im proximalen Humerus, einem Körpergewicht über 40 kg, einem hohen histologischen Grad (Grad III), einem hohen Mitoseindex sowie mit nachgewiesenen Lymphknoten- oder Lungenmetastasen verbunden.
Dagegen ist die Prognose günstiger, wenn der Tumor einen fibroblastischen Subtyp aufweist, kleiner als 7 cm ist, das Körpergewicht unter 40 kg liegt oder – paradoxerweise – eine postoperative Wundinfektion nach einer Limb-sparing-Operation auftritt.
9. Überweisung: Wann und wohin?
Eine Überweisung an eine spezialisierte Klinik ist immer dann sinnvoll, wenn komplexe diagnostische Verfahren wie CT, PET oder Biopsien notwendig sind, wenn eine limb-sparing-Operation erwogen wird oder Zugang zu innovativen Therapien wie SBRT oder Immuntherapie erforderlich ist. Auch die enge Zusammenarbeit zwischen Chirurgie und Onkologie spricht für eine Überweisung.
FAQ zu Osteosarkom beim Hund
❓ 1. Was ist ein Osteosarkom beim Hund und warum ist es so gefährlich?
Ein Osteosarkom beim Hund ist ein bösartiger, hochaggressiver Tumor, der von den knochenbildenden Zellen (Osteoblasten) ausgeht. Es handelt sich dabei um die häufigste Form von primärem Knochentumor bei Hunden und macht etwa 85 % aller Knochentumoren aus. Meistens betrifft das Osteosarkom die langen Röhrenknochen der Gliedmaßen – also das sogenannte appendikuläre Skelett – darunter insbesondere den distalen Radius, den proximalen Humerus, den distalen Femur und die proximale Tibia.
Das Gefährliche am Osteosarkom liegt in seiner hohen lokalen Aggressivität und der frühen Metastasierung. Bereits zum Zeitpunkt der Diagnose haben über 90 % der betroffenen Hunde mikroskopisch kleine Metastasen, die sich meist in der Lunge, aber auch in anderen Knochen oder Lymphknoten befinden können. Diese Metastasen sind zu diesem Zeitpunkt meist noch nicht bildgebend sichtbar, was die Bedeutung einer systemischen Therapie zusätzlich unterstreicht.
Ein weiterer Risikofaktor liegt in der lokalen Zerstörungskraft des Tumors. Er führt nicht nur zu Schmerzen, sondern schwächt den betroffenen Knochen so stark, dass es zu pathologischen Frakturen kommen kann – also Knochenbrüchen, die ohne äußere Gewalteinwirkung entstehen.
Insgesamt gilt das Osteosarkom beim Hund als ein sehr ernstzunehmender onkologischer Notfall, der schnelles Handeln, eine gründliche Diagnostik und eine abgestimmte multimodale Behandlung erfordert.
❓ 2. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es beim Osteosarkom und wie wirken sie sich auf die Lebenserwartung aus?
Die Behandlung des Osteosarkoms beim Hund ist komplex und erfordert eine Kombination aus verschiedenen Therapieverfahren – die sogenannte multimodale Therapie. Ziel ist es dabei, sowohl den primären Tumor lokal zu kontrollieren als auch die systemische Metastasierung einzudämmen. Im Wesentlichen gibt es vier bewährte Behandlungsansätze:
Chirurgische Amputation:
Die vollständige Entfernung der betroffenen Gliedmaße ist die derzeit effektivste Methode, um den Tumorschmerz zu beseitigen und das Risiko einer Fraktur zu eliminieren. Viele Besitzer haben Angst vor einer Amputation, aber die Realität zeigt, dass Hunde – auch große Rassen – sehr gut mit drei Beinen zurechtkommen. Ohne zusätzliche Therapie liegt die medianen Überlebenszeit bei etwa 3 bis 5 Monaten.
Adjuvante Chemotherapie:
Da fast alle Osteosarkom-Patienten bereits Metastasen im Körper haben, ist eine Chemotherapie dringend empfohlen. Der Einsatz von Medikamenten wie Carboplatin oder Doxorubicin nach der Amputation erhöht die mittlere Überlebenszeit auf 8 bis 14 Monate, wobei einige Hunde auch mehr als zwei Jahre überleben.
Strahlentherapie (SBRT):
Für Hunde, bei denen keine Amputation möglich ist oder abgelehnt wird, stellt die stereotaktische Strahlentherapie eine Alternative dar. Sie bietet exzellente Schmerzreduktion und kann in Kombination mit Chemotherapie das Überleben ähnlich wie die Amputation verlängern. Das Frakturrisiko bleibt jedoch bestehen.
Immuntherapie (experimentell):
Neue Ansätze mit Checkpoint-Inhibitoren, Vakzinen oder adoptiven T-Zelltherapien bieten vielversprechende Zukunftsperspektiven, sind jedoch derzeit nur in Studien oder spezialisierten Zentren verfügbar.
Letztlich hängt die Lebenserwartung stark von der gewählten Therapie, dem Allgemeinzustand des Hundes, der Tumorlokalisation und dem Vorhandensein von Metastasen ab. Hunde, die eine Kombination aus lokaler und systemischer Therapie erhalten, haben heute realistische Chancen auf ein gutes Jahr mit hoher Lebensqualität.
❓ 3. Wie erkenne ich ein Osteosarkom beim Hund frühzeitig? Gibt es Warnzeichen?
Ein Osteosarkom beim Hund entwickelt sich oft schleichend, zeigt aber einige typische Warnzeichen, die auf die Erkrankung hinweisen können – insbesondere bei großen Hunderassen im mittleren bis höheren Alter. Die häufigsten Frühsymptome sind:
Lahmheit, die entweder plötzlich auftritt oder über Tage/Wochen zunimmt
Eine lokalisierte Schwellung an einem Knochen der Gliedmaße
Schmerzen beim Gehen, Treppensteigen oder sogar beim Streicheln
Schonhaltung oder Verweigerung von Bewegung
In einigen Fällen: plötzlicher Knochenbruch ohne Trauma (pathologische Fraktur)
Diese Symptome können zunächst auch auf harmlose Ursachen wie Verstauchungen, Arthrose oder Prellungen hindeuten – genau das macht die frühe Erkennung schwierig. Viele Hunde erhalten in der ersten Phase fälschlicherweise Schmerzmittel oder Entzündungshemmer, was die Symptome kurzfristig verbessert, aber die Diagnose verzögert.
Ein besonders wichtiger Warnhinweis ist, wenn ein Hund zunächst lahmt, sich dann wieder scheinbar erholt und nach kurzer Zeit erneut lahmt – meist stärker als zuvor. Dies deutet darauf hin, dass der Tumor fortschreitet, während Schmerzmittel nur die Symptome maskieren.
Wenn ein Tierarzt oder Halter diese Anzeichen erkennt – insbesondere bei einer prädisponierten Rasse – sollte umgehend ein Röntgenbild angefertigt werden. Nur so lässt sich ein Osteosarkom mit hoher Wahrscheinlichkeit schon im Frühstadium erkennen. Eine frühe Diagnose verbessert die Prognose erheblich.
❓ 4. Wie ist die Lebensqualität eines Hundes nach einer Amputation? Können auch große Hunde mit drei Beinen leben?
Viele Hundebesitzer haben verständlicherweise große Bedenken vor einer Amputation – besonders bei großen Rassen. Doch die Praxis zeigt immer wieder: Die meisten Hunde – selbst große und schwere – kommen hervorragend mit drei Beinen zurecht.
Direkt nach der Operation benötigen sie natürlich eine Phase der Rehabilitation und Unterstützung. Aber bereits wenige Tage nach der Amputation zeigen viele Hunde deutliche Verbesserungen im Allgemeinverhalten. Der größte Vorteil liegt darin, dass der Tumorschmerz sofort verschwindet, was sich in einem sichtbar besseren Wohlbefinden und erhöhter Aktivität äußert.
Studien und klinische Erfahrungen belegen, dass amputierte Hunde:
Wieder problemlos laufen, rennen und spielen
Treppen steigen oder ins Auto springen können
Eine vergleichbare Lebensfreude und Mobilität wie vorher zeigen
Keine psychischen Schäden erleiden (die bei Menschen oft auftreten)
Natürlich spielen die individuelle Fitness, das Gewicht und eventuelle Vorerkrankungen eine Rolle. Doch auch ältere oder übergewichtige Hunde profitieren fast immer von der Amputation – insbesondere, wenn der Tumor starke Schmerzen verursacht.
Für viele Halter ist der Moment, in dem ihr Hund nach der Amputation erstmals wieder fröhlich läuft oder mit dem Schwanz wedelt, der Beweis, dass sie die richtige Entscheidung getroffen haben. Angst ist nachvollziehbar, aber Lebensqualität bedeutet Freiheit von Schmerz – nicht die Anzahl der Beine.
❓ 5. Was kostet die Behandlung eines Osteosarkoms beim Hund und lohnt sich die Investition?
Die Kosten für die Behandlung eines Osteosarkoms beim Hund können – je nach Therapieform, Region und Tierklinik – sehr unterschiedlich ausfallen. Eine grobe Übersicht:
Behandlungsform
Kostenrahmen (geschätzt)
Röntgen + Biopsie
300–700 €
CT oder MRT
500–1.500 €
Amputation
1.000–2.500 €
Chemotherapie (4–6 Zyklen)
1.500–3.000 €
Strahlentherapie (SBRT)
2.500–5.000 €
Palliativmedizin monatlich
100–300 €
Eine vollständige, kurative Behandlung mit Amputation und adjuvanter Chemotherapie liegt meist bei 3.000 bis 6.000 Euro. Wenn zusätzlich Strahlentherapie oder Immuntherapie zum Einsatz kommt, kann die Summe deutlich höher sein.
Nun zur entscheidenden Frage: Lohnt sich diese Investition? Die Antwort hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Lebensqualität: Die Therapie kann nicht heilen, aber Lebensmonate in guter Verfassung schenken.
Lebenszeitgewinn: Ohne Behandlung 3–5 Monate; mit Therapie bis zu 14 Monate oder länger.
Emotionale Komponente: Für viele Halter ist jede schmerzfreie Woche mit ihrem Tier unbezahlbar.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Tierkrankenversicherungen oder OP-Versicherungen abzuschließen – einige davon übernehmen auch onkologische Behandlungen.
Wenn du frühzeitig reagierst, erhält dein Hund eine echte Chance auf Lebenszeit mit Lebensqualität – und das ist der Wert, den viele Halter höher einschätzen als jede Summe in Euro.
10. Fazit & Ausblick
Das Osteosarkom beim Hund ist eine der aggressivsten neoplastischen Erkrankungen des Skeletts. Dank moderner Diagnostik, multimodaler Behandlungskonzepte und interdisziplinärer Zusammenarbeit lässt sich die Überlebenszeit betroffener Hunde signifikant verlängern – oft bei guter Lebensqualität.
Der Schlüssel zum Behandlungserfolg liegt in der frühzeitigen Diagnose, einem fundierten Staging und einer individuellen Therapieplanung – idealerweise in enger Abstimmung mit spezialisierten Tierkliniken.
11. Zusammenfassung: Osteosarkom beim Hund – Symptome, Diagnose, Behandlung und Prognose
Das Osteosarkom beim Hund ist die häufigste Form von Knochenkrebs bei Hunden und betrifft vor allem das appendikuläre Skelett, also die Gliedmaßen. Etwa 85 % aller primären Knochentumoren bei Hunden fallen in diese Kategorie. Das Osteosarkom beim Hund gilt als besonders aggressiv, da es lokal destruktiv wächst und frühzeitig in andere Organe – insbesondere die Lunge – metastasiert.
Die Ursachen für ein Osteosarkom beim Hund sind vielfältig. Besonders große Hunderassen wie Rottweiler, Deutsche Dogge oder Irish Wolfhound zeigen ein deutlich erhöhtes Risiko. Zusätzlich spielen genetische Faktoren, hohes Körpergewicht, frühe Kastration und eventuell auch frühere Knochenverletzungen oder Frakturen eine Rolle.
Häufig zeigen Hunde mit Osteosarkom zunächst unspezifische Symptome. Typischerweise tritt eine plötzliche oder schleichende Lahmheit auf, die zunächst mit Schmerzmitteln behandelbar scheint. Eine Schwellung über dem betroffenen Knochen und zunehmende Schmerzempfindlichkeit sind klassische Warnzeichen. Besonders gefährlich ist es, wenn ein Osteosarkom beim Hund erst nach dem Bruch eines betroffenen Knochens entdeckt wird – solche pathologischen Frakturen deuten meist auf eine weit fortgeschrittene Erkrankung hin.
Zur Diagnose eines Osteosarkoms beim Hund gehört in erster Linie ein Röntgenbild. Die typischen Merkmale – wie Osteolyse, „Sunburst-Muster“ oder Codman-Dreieck – ermöglichen häufig bereits eine Verdachtsdiagnose. Ergänzt wird die Bildgebung durch eine Feinnadelaspiration (FNA) oder Biopsie zur histologischen Bestätigung.
Ein wichtiger Schritt bei der Beurteilung des Osteosarkoms beim Hund ist das Staging, also die Ermittlung des Tumorstadiums. Mittels CT, Thoraxröntgen und ggf. Szintigrafie wird festgestellt, ob Metastasen vorliegen. Auch wenn kein Nachweis gelingt, ist in über 90 % der Fälle von Mikrometastasen auszugehen, weshalb eine systemische Behandlung notwendig ist.
Die Therapie des Osteosarkoms beim Hund erfordert meist einen multimodalen Ansatz. Die Amputation der betroffenen Gliedmaße gilt als Standardverfahren zur lokalen Tumorkontrolle. Sie bietet eine sofortige Schmerzlinderung und reduziert das Risiko einer Fraktur. Entgegen vieler Befürchtungen kommen Hunde, selbst große Rassen, mit drei Beinen in der Regel hervorragend zurecht.
Alternativ können Limb-sparing-Operationen zum Erhalt der Gliedmaße durchgeführt werden, besonders bei Tumoren im distalen Radius. Diese Verfahren bergen jedoch ein erhöhtes Risiko für Infektionen und Implantatversagen. Bei inoperablen Fällen bietet sich die stereotaktische Strahlentherapie (SBRT) an – eine moderne, präzise Bestrahlungsmethode, die ebenfalls zur Schmerzkontrolle beiträgt.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Behandlung beim Osteosarkom beim Hund ist die Chemotherapie. Da das Risiko für systemische Metastasen hoch ist, verbessert eine adjuvante Chemotherapie mit Carboplatin oder Doxorubicin nachweislich die Überlebenszeit. Auch bei limb-sparing oder SBRT ist eine begleitende systemische Therapie Standard.
Für fortgeschrittene Fälle oder wenn keine kurative Therapie möglich ist, kommen palliative Maßnahmen zum Einsatz. Die palliative Versorgung beim Osteosarkom beim Hund umfasst Schmerzmedikation (z. B. NSAIDs, Opioide), Bisphosphonate zur Hemmung der Knochendestruktion und ggf. Bestrahlung zur Schmerzlinderung.
Die Prognose beim Osteosarkom beim Hund hängt von vielen Faktoren ab. Ohne Therapie liegt die Überlebenszeit meist unter 5 Monaten. Mit Amputation und Chemotherapie kann sie auf 10 bis 14 Monate erhöht werden. Einige Hunde überleben sogar 2 Jahre oder länger – insbesondere bei günstiger Tumorlokalisation, niedrigem ALP-Wert und fehlenden Metastasen.
Zunehmend kommen neue Therapieverfahren wie Immuntherapien zum Einsatz. Studien zu PD-1-Inhibitoren, Vakzinen oder onkolytischen Viren zeigen erste Erfolge, sind jedoch aktuell meist auf spezialisierte Tierkliniken beschränkt. Für die Zukunft zeichnet sich ab, dass das Osteosarkom beim Hund durch personalisierte Therapien noch gezielter behandelt werden kann.
Besondere Aufmerksamkeit sollte der Schmerzbehandlung gewidmet werden. Das Osteosarkom beim Hund verursacht intensive Schmerzen, die sowohl somatisch als auch neuropathisch sein können. Eine Kombination aus COX-2-Hemmern, Gabapentin, Amantadin und gegebenenfalls Anti-NGF-Antikörpern (z. B. Bedinvetmab) ist heute gängige Praxis.
Insgesamt ist das Osteosarkom beim Hund eine sehr ernste Erkrankung – aber nicht hoffnungslos. Eine frühzeitige Diagnose, gezielte Therapie und gute palliative Betreuung können vielen Hunden Lebenszeit und Lebensqualität schenken. Die emotionale Belastung für Besitzer ist verständlich, aber die Entscheidung für eine wirksame Behandlung – inklusive Amputation – ist oft die beste Option für das Tier.
Fazit: Das Osteosarkom beim Hund ist eine Herausforderung, aber durch moderne Veterinärmedizin gut behandelbar. Mit der richtigen Kombination aus Chirurgie, Chemotherapie und Schmerztherapie können viele Tiere noch lange Zeit schmerzfrei und lebensfroh verbringen.
Diesem Artikel zugrundeliegende Studie: Studie hier herunterladen
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